Aktu­el­les aus dem N+E‑Projekt „Ex-Situ- und in-Situ-Manage­ment des in Sach­sen vom Aus­ster­ben bedroh­ten Enzi­ans Gen­ti­a­nella lutescens“

Käs­ten mit Ein­jäh­ri­gen und auch ver­pflanz­ten Ein­jäh­ri­gen am 1.9.2019 im Gar­ten Naun­dorf (Foto: B. König)
Wie letz­tes Jahr war auch die Sai­son 2019 von star­ker Tro­cken­heit geprägt. Beson­ders in der Peri­ode Anfang März bis Ende August lagen die Nie­der­schlags­men­gen deut­lich unter dem Durch­schnitt für die­sen Zeit­raum. Daher war der Auf­wand, die Erhal­tungs­kul­tu­ren zu gie­ßen auch in die­sem Jahr enorm.

Mög­li­che nega­tive Fol­gen der Wild­schwein­schä­den auf der Flä­che des Natur­stand­orts vom ver­gan­ge­nen Herbst konn­ten bis­her nicht beob­ach­tet wer­den, was auch an der wit­te­rungs­be­dingt gerin­gen Anzahl blü­hen­der Indi­vi­duen liegt.

Nach einer schlech­ten Kei­mung im Gar­ten Naun­dorf und außer­or­dent­lich hoher Mor­ta­li­tät der Ein­jäh­ri­gen im Bota­ni­schen Gar­ten Schel­ler­hau im ver­gan­ge­nen Jahr wur­den die­sen Som­mer 82 blü­hende Indi­vi­duen ex situ gezählt. Viele Indi­vi­duen hat­ten dabei nur eine Blüte. Die Ernte von ins­ge­samt 4316 Korn ist ähn­lich aus­ge­fal­len wie im letz­ten Jahr (2018: 4325 Korn).

Bes­ser sieht es in den in situ-Flä­chen aus. Auf allen Flä­chen wur­den 917 blü­hende Indi­vi­duen gezählt. Das größte Bestands­wachs­tum zeigt die neue Teil­flä­che am Gal­gen­teich TF 11. Mit ca. 554 blü­hen­den Indi­vi­duen liegt diese Flä­che weit über dem dies­jäh­ri­gen Median aller Teil­flä­chen von 15 blü­hen­den Indi­vi­duen (Mit­tel­wert ca. 100). Auf der TF 11 wurde ein Vier­tel der Flä­che unbeern­tet gemäht, um die Selbst­aus­brei­tung zu ermög­li­chen. Ins­ge­samt konn­ten von allen Teil­flä­chen 24708 Korn geern­tet wer­den. Davon stam­men 62 % von der TF 11. Wie üblich wurde in allen Teil­flä­chen etwa die Hälfte der Dia­spo­ren direkt vor Ort verstreut.

Auf der neuen Teil­flä­che 12 „Bie­la­quell­wiese“ konn­ten wei­ter­hin keine Keim­linge oder adulte Pflan­zen nach­ge­wie­sen wer­den. Mög­li­cher­weise begüns­tigt die meh­rere Zen­ti­me­ter mäch­tige Schicht aus Streu und Wur­zel­filz eine starke Aus­trock­nung der Ober­flä­che und behin­dert die Keimung.

Die zusätz­li­chen Pfle­ge­maß­nah­men im Bereich der Huf­ei­sen­wiese haben einen sicht­bar posi­ti­ven Effekt auf die Vege­ta­ti­ons­struk­tur gehabt. Die Große Stern­dolde, wel­che sich stark aus­ge­brei­tet hatte, ist zwar noch indi­vi­du­en­reich ver­tre­ten, jedoch waren die Pflan­zen in den meis­ten Berei­chen sehr viel klei­ner und haben nicht geblüht. Die Beschat­tung war in die­ser Sai­son kaum noch als pro­ble­ma­tisch einzuschätzen.

Her­vor­zu­he­ben sind in die­ser Sai­son die Ein­jäh­ri­gen ex situ. Es sind ins­ge­samt 577 Indi­vi­duen, die vor allem im Gar­ten Naun­dorf sehr groß und kräf­tig gewach­sen sind.

Expe­ri­mente

Im NE-Pro­jekt hat sich immer wie­der eine geringe Keim­rate als Fla­schen­hals für die Ver­grö­ße­rung der Erhal­tungs­kul­tu­ren her­aus­ge­stellt. Dazu kamen teils erheb­li­che jähr­li­che Schwan­kun­gen in der Keim- und Eta­blie­rungs­rate, so dass bei Vor­han­den­sein einer aus­rei­chen­den Dia­spo­ren­menge auch einige Expe­ri­mente durch­ge­führt wurden.

Lage­rungs­tests:

Dia­spo­ren wer­den nor­ma­ler­weise sau­ber und gut getrock­net unter Stan­dard­be­din­gun­gen von ‑20 °C gela­gert. Im Pro­jekt wur­den sie in der Ver­gan­gen­heit aber auch schon im Kühl­schrank oder im Lager (unbe­heizt) auf­be­wahrt. Im Herbst­se­mes­ter 2018/​19 hat­ten Stu­den­ten der HTW Dres­den ver­schie­den ein­ge­la­gerte Dia­spo­ren mit­tels TTC-Test (Tri­phe­nyl­te­tra­zo­li­um­chlo­rid) auf Vita­li­tät getes­tet. Dia­spo­ren der Ernte 2017 der ex situ-Erhal­tungs­kul­tur Bota­ni­scher Gar­ten Schel­ler­hau wur­den jeweils mit und ohne Sub­strat bei Raum­tem­pe­ra­tur, im Kühl­schrank und im Gefrier­schrank gela­gert. Getes­tet wur­den 50 Dia­spo­ren pro Lagervariante.

Resul­tat:
Die Lage­rung bei Raum­tem­pe­ra­tur kann nicht emp­foh­len wer­den, da hier sowohl mit als auch ohne Sub­strat etwa die Hälfte der Dia­spo­ren stirbt. Bei der Kühl­schrankla­ge­rung fällt auf, dass das Sub­strat einen ähn­lich nega­ti­ven Effekt hat und die Vita­li­tät der Dia­spo­ren auf die Hälfte sinkt, wäh­rend Dia­spo­ren ohne Sub­strat fast voll­stän­dig vital waren. Dage­gen zeig­ten die im Gefrier­schrank gela­ger­ten Dia­spo­ren sowohl mit als auch ohne Sub­strat so gut wie keine Vita­li­täts­ver­luste. Kom­bi­niert mit den Keim­ra­ten im Gar­ten Naun­dorf in die­sem Jahr, zeigt sich, dass die im Kühl­schrank gela­ger­ten Dia­spo­ren weni­ger dor­mant waren (11,2 % Keim­rate) und eine ent­spre­chend höhere Keim­rate hat­ten als die im Gefrier­schrank gela­ger­ten (0,2 % Keimrate).

Wir­kung von Mykorrhiza-Perlen:

Bei der Aus­saat 2017 im Bota­ni­schen Gar­ten Schel­ler­hau wur­den Dia­spo­ren aus zwei Ern­te­jahr­gän­gen und von zwei Her­künf­ten aus in situ-Teil­flä­chen jeweils zur Hälfte in Töpfe mit und ohne Zugabe von kom­mer­zi­ell erhält­li­cher Mykorrhiza gesät.

Resul­tat:
Die Zugabe von Mykorrhiza hat einen posi­ti­ven Effekt auf das Über­le­ben (75 % im Gegen­satz zu 25 % ohne Mykorrhiza-Zugabe), jedoch kei­nen Ein­fluss auf die Keim­rate. Es konnte anhand der Daten kein posi­ti­ver Effekt der Mykorrhiza-Zugabe auf das ober­ir­di­sche Wachs­tum fest­ge­stellt wer­den, jedoch war die Stich­pro­ben­größe am Ende des Expe­ri­ments zu klein für eine gesi­cherte Auswertung.

Sub­strat­test

Im Herbst 2018 wur­den in einem wei­te­ren Keim­ex­pe­ri­ment im Gar­ten Naun­dorf ver­schie­dene Sub­strate getes­tet. Auch hier konnte kein Ein­fluss auf die Keim­rate jedoch auf die Über­le­bens­rate der Keim­linge gefun­den wer­den. Ver­gli­chen mit Aus­saat­erde über­leb­ten bei der Ver­wen­dung einer Kom­post-Gei­sin­g­ber­gerde-Mischung als oberste Sub­strat­schicht signi­fi­kant weni­ger Keim­linge. Wei­tere Ergeb­nisse die­ses Ver­suchs wer­den im nächs­ten Jahr erwar­tet. Es war zu beob­ach­ten, dass die ver­schie­de­nen Sub­strate unter­schied­lich schnell aus­trock­nen. Ver­mut­lich hat diese Eigen­schaft einen gro­ßen Ein­fluss auf die Keim- und Eta­blie­rungs­rate und soll des­halb bei der aktu­el­len Aus­saat wei­ter getes­tet werden.