Weiterhin EU-Fördermittel für den Erhalt des Genpotentials bewilligt
Der Förderverein für die Natur des Osterzgebirges e.V. hat nach Auslaufen der letzten Fördermittelperiode (01.09.2015 bis 30.09.2017) die Anträge auf Fortführung der Maßnahmen im Zeitraum vom 01.10.2017 bis 30.09.2022 gestellt und bewilligt bekommen. Daraufhin wurden folgende Projekte erfolgreich fortgeführt:
„Ex-Situ- und in-Situ-Management des in Sachsen vom Aussterben bedrohten Enzians Gentianella lutescens im Rahmen der Richtlinie „Natürliches Erbe“ sowie „Ex situ-Management des in Sachsen vom Aussterben bedrohten Enzian Gentianella germanica subsp. saxonica im Rahmen der Richtlinie „Natürliches Erbe“ im Botanischen Garten Schellerhau“.
Der Karpaten-Enzian Gentianella lutescens
Seit 2010 werden ex und in situ-Maßnahmen für den allein in Deutschland am Geisingberg vorkommenden Karpaten-Enzian durchgeführt. Das Ziel aller Maßnahmen ist die langfristige Erhaltung der Art und eine Stützung, Stabilisierung und Erweiterung der Population.
Die Ernte 2018 war gemessen an den klimatischen Bedingungen des Sommers überraschend gut, aber im Vergleich zu 2017 oder 2015 mit nur 18,5 Korn pro Blüte eher mittelmäßig. Durch die schlechte Keimung im BG Schellerhau gab es nur sieben blühende Individuen mit insgesamt 322 Korn. Im Garten Naundorf wurde 4003 Korn geerntet, von den in situ-Flächen stehen insgesamt 4235 Korn zur Aussaat zur Verfügung. Auch bisher eingelagerte Diasporen werden auf den in situ-Flächen ausgesät.
Auf der neu hinzugekommenen Fläche Bielaquellwiese konnten auf der Fläche trotz Anlage von zehn Aussaatstellen mit insgesamt 3316 Korn kein einziger Keimling nachgewiesen werden. Es ist dabei nicht bekannt, ob Keimlinge wieder abgestorben sind oder von vornherein nichts gekeimt hat. Bei der Begehung fiel die dicke Auflageschicht aus Moos auf, die selbst jetzt zum Ende der Saison nach einigen Niederschlägen stark ausgetrocknet ist. Da diese Saison insgesamt sehr heiß und trocken war, könnte die Keimung durch die Auflageschicht verhindert worden sein.
Wegen der zu geringen Anzahl an Diasporen wird in diesem Jahr nur eine Notfallreserve von 1000 Korn eingelagert. .
An der HTW Dresden werden im Wintersemester Experimente zur Lagerung von Diasporen durchgeführt. Pro Lagervariante (Raumtemperatur, Kühlschrank und Gefrierschrank; je mit und ohne Substrat) gibt es Topfversuche mit 0,1% Gibberellinsäure, mit Mykorrhizaperlen (BioMyc) und Kontrolle; Keimschalenversuche mit 0,1% Gibberellinsäure und Kontrolle; einen TTC-Test zur Beurteilung der Vitalität.
Erstmals kam es vermutlich am 1. Oktober 2018 auf der Hufeisenwiese zu Wildschweinschäden. Betroffen ist am Naturstandort die Fläche, auf der laut Dr. Frank Müller der frühblühende Teil der Population steht, der in diesem Jahr die meisten blühenden Individuen aufwies. Die Grasnarbe ist oberflächlich aufgewühlt und wurde von den Mitarbeitern der gemeinnützigen GmbH bereits wieder soweit möglich „repariert“. Die Auswirkungen der Störung werden sich erst in der nächsten Saison zeigen.
In den ex situ-Kulturen war der Erfolg bei Keimung und den Zweijährigen in diesem Jahr sehr unterschiedlich. Im Botanischen Garten hatte sich in den Töpfen viel Lebermoos gebildet. Das Herauspräparieren der Keimlinge aus dem Moos war schwierig und langwierig. Diese Keimlinge hatten überwiegend sehr kurze Wurzeln, so dass viele nicht überlebten. Da aber während der Samenernte 2017 viele Diasporen ausgefallen waren, gab es hier zahlreiche Exemplare, die sich besser entwickelt haben. Im Garten Naundorf variierte der Entwicklungsstand sehr stark und es wurde z.B. mit Flüssigdünger eine Stärkung der Individuen versucht.
Der Sächsische Fransen-Enzian Gentianella germanica subsp. saxonica
Der Sächsische Fransen-Enzian besitzt gegenwärtig weltweit nur noch ein Vorkommen im Vogtland bei Adorf (Sachsen). Alle Bemühungen, die 1990 in der ehemaligen „Schutzzone“ etwa 900 Meter von der Landesgrenze zu Bayern mit 115 blühenden Exemplaren entdeckte Population zu schützen, waren bisher aus verschiedenen Gründen nicht erfolgreich.
Vor diesem Hintergrund erschien der Aufbau einer ex situ-Kultur zwingend geboten. Da der Botanische Garten Schellerhau bereits Erfahrungen bei der ex situ-Kultur des Karpaten-Enzians gesammelt hatte, wurden Diasporen für die Erhaltungskultur nach Schellerhau gegeben.
Die klimatischen Bedingungen in Schellerhau differieren mit denen im Vogtland, wo es um ca. 2,5 Grad Celsius wärmer und niederschlagsärmer ist. Das wirkt sich im Allgemeinen auf die Keimungsbiologie und die gesamte Kulturhaltung aus.
2018 war auch im oberen Osterzgebirge ein sehr warmes und trockenes Jahr. Die zweijährigen Pflanzen trieben bereits Anfang April, die Blüte begann Anfang August und bereits Anfang Oktober konnten Samen geerntet werden. Insgesamt wurden die Individuen nicht so groß wie in vergangenen Jahren. Die Ernte ist aber gut. 2018 werden außer den 500 Korn 1891 Korn aus der Ernte 2015 und 125 Korn aus der Ernte 2016 ausgesät. Die Hälfte der restlichen, 2018 geernteten Diasporen wird eingelagert für die Aussaat im Vogtland 2019, da dort bisher kein Samen geerntet werden konnte. Der andere Teil wird Anfang November im Vogtland ausgebracht. Außerdem werden eingelagerte 1624 Korn/Ernte 2017 auf den vorgesehenen Flächen angesalbt.
Bei den einjährigen Pflanzen fiel auf, dass viele Keimlinge aus Aussaaten in 2015 stammten. Diese Keimlinge entwickelten sich besser, als welche aus der Aussaat 2016.
Bisher waren im Vogtland die Maßnahmen nicht erfolgversprechend. Am 20. Juli 2018 wurde die Fläche „NSG Himmelreich“, auf der am 15.11.2017 ca. 6.000 Diasporen ausgesät worden waren, kontrolliert. Es gab hier zwei vage Verdachtsfälle, die sich aber nicht bestätigt haben. Auf der „Pfarrwiese“, hier befand sich bis 2012 die Population, wurden seit 2013 keine Individuen von Gentianella germanica subsp. saxonica kartiert.
Die zweite Fläche, die im November 2017 von Herrn Riether angelegt und auf der ca. 6.300 Diasporen ausgebracht wurden, befindet sich im NSG Großer Weidenteich. Die südexponierte Hanglage hat sich in diesem Jahr mit extremer Trockenheit und dauerhaft hochsommerlichen Temperaturen nicht bewährt. Das Gras war völlig verdorrt.
Für die vorgesehene Herbstaussaat in der 1. Novemberwoche wurden potentielle Fläche begutachtet.
Fazit: Das Genpotential beider Gentianella-Arten wurde erfolgreich gesichert. Die Arbeiten wurden im Sinne der Förderrichtlinie fachgerecht ausgeführt.